Die Ausstellung setzte sich aus zwei Teilen zusammen: der Rauminstallation Direktionsskulptur mit mehreren Gruppen neuer dazu entstandener Fotografien und einer Gruppe großer und kleiner Mind Bubbles.
Mit der Direktionsskulptur bezieht sich Wurm auf Joseph Beuys’ Installation Voglio vedere le mie montagne von 1971, der sich seinerseits auf die letzten Worte Giovanni Segantintis (1858-1899) (Ich möchte meine Berge sehen) – er wünschte sein Sterbebett näher am Fenster – bezogen hat.
Beuys’ Installation besteht aus einem großen Schrank mit ovalem Spiegel auf der linken Seite. Ein Bettgestell steht rechts gegenüber. Zwischen Bett und Schrank stehen eine hohe, an einer Seite offene Transportkiste sowie eine niedrige Holztruhe, auf der ein morsches Holzstück liegt. Auf einem mit Schwefel überzogenen Schemel ist ein mit Fett eingeschmierter Spiegel aufgestellt. Im Bett liegt eine Fotografie, die Beuys angezogen und mit Wanderstab in der Hand in eben diesem Bett liegend zeigt. Neben dem Schrank, in Kopfhöhe, hängt ein Porträt von Beuys. Jeder dieser Gegenstände ist mit Kreide bezeichnet. Auf dem Schrank steht „Vadrec [t]“ (Gletscher); auf Kiste, Truhe und Schemel „Sciora“ (Felsen, Bergkette) und „Cime“ (Gipfel) und auf dem Bett „Walun“ (Tal). Alle Gegenstände, Schrank, Transportkiste, Holztruhe, Schemel und Bett sind am Boden mit einer Kupferkonstruktion verbunden. Von der Decke, in der Mitte des triptychonartigen Halbrunds der Installation, hängt eine bis knapp auf den Boden hinabreichende runde Lampe, die ein rundes Filzstück hell beleuchtet.
Wurm übernimmt die wesentlichen Elemente in Direktionsskulptur und schafft mit seinen Handlungsanweisungen eine ironische Interpretation des Beuys’schen Originals, welches den zyklischen Rhythmus von Leben und Vergehen thematisiert.
Mit den Mind Bubbles bedient sich Wurm der Form der Kartoffel, einer Unform, welche trotz breitester Variationsmöglichkeiten immer an einen Erdapfel erinnert und bekleidet sie mit unterschiedlicher Strickware. Er bezieht sich damit gleichermaßen auf frühere Arbeiten wie z. B. Me and Me Fat (das Übereinanderschichten zahlreicher Kleidungsstücke am Körper) und auf Gedankenblasen, die wir aus Comics kennen und die immer wieder Wurms Handlungsanweisungen für one-minute sculptures begleiten.
Erwin Wurm * 1954 in Bruck/Mur, lebt und arbeitet in Wien, ist einer der bedeutendsten Künstler der Gegenwart. Wurm ist ein konzeptioneller Bildhauer. Stets geht es ihm um skulpturale Fragen, um Transformationen von Volumen, die jenen überraschend neuen Blick auf die Welt eröffnen. Seine Handlungsanweisungen schaffen temporäre, bewegliche, ephemere – lebende Skulpturen. Der Betrachter wird zum Akteur, welcher sich selbst in absurd-komische Situationen bringt, in denen er Erfahrungen macht, die er normalerweise unter allen Umständen vermeiden würde: Wer will sich schon lächerlich machen!
Die großen retrospektiven Ausstellungen Erwin Wurms 2006 bis 2008 im Mumok Wien, Deichtorhallen Hamburg, Ludwig Forum Aachen, Musée d’Art Contemporain Lyon und Kunstmuseum St. Gallen, jeweils mit Publikumsrekorden, haben seinen internationalen Ruf definitiv verankert. Gemeinsame Projekte mit der Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Innsbruck: Personalen Direktionsskulptur (2008) und 59 Stellungen (1999), 30 (2007), Julia Bornefeld Jimmie Durham Michael Kienzer Martin Kippenberger Sarah Lucas Franz West Erwin Wurm sculpture (2005), Unter freiem Himmel, Skulptur im Schlosspark Ambras (2001/02), Best of (2001), Sculptura Austriae (1998).
The exhibition consists of two parts: the spatial installation Direktionsskulptur, including several groups of new photographs to go with it, and a group of large and small Mind Bubbles.
Wurm’s Direktionsskulptur refers to Joseph Beuys and his Voglio vedere le mie montagne (I want to see my mountains) from 1971 which, for its part, had echoed the last words of Giovanni Segantini (1858–1899) who wanted his bed moved closer to the window.
Beuys’ installation is made up of a large wardrobe with an oval mirror on its lefthand side. A bedframe stands opposite, a little to the right. Between bed and wardrobe stands a tall transport box, open on one side, as well as a low wooden chest on which lies a rotten piece of wood. On a stool, covered in sulphur, a mirror is placed, smeared with grease. On the bed there lies a photograph showing Beuys, dressed and holding a walking staff, as he lies in the selfsame bed. Beside the wardrobe, at face level, hangs a portrait of Beuys. Each of these objects is written on with chalk. On the wardrobe it says ‘Vadrec [t]’ (glacier); on the box, chest and stool it says ‘Sciora’ (rock, mountain range) and ‘Cime’ (summit); and on the bed the letters spell ‘Walun’ (valley). All objects – wardrobe, transport box, wooden chest, stool and bed – are connected at floor-level by way of a copper construction. From the ceiling, at the centre of the triptych-like half-circle of the installation, hangs a round lamp, almost touching the floor, that brightly illuminates a round piece of felt.
In his Direktionsskulptur Wurm resorts to the same basic elements and, by way of his instructions, brings about an ironic downplaying of the Beuys original that had dealt with the cyclical rhythm of life and death.
The Mind Bubbles, meanwhile, make use of the form of the potato, a non-form that is, which in spite of a multitude of possible variations always reminds us of a potato. Wurm clothes them in various types of knitwear. By doing so, he refers not only to earlier works such as Me and Me Fat (the building up of numerous layers of clothing on the body) but also to the mind bubbles that we are familiar with from comics and that regularly accompany Wurm’s directions for his one-minute sculptures.
Erwin Wurm (born in Bruck an der Mur, Styria, in 1954), who lives and works in Vienna, is one of the most renowned artists of our time. Wurm is a conceptual sculptor whose work at all times deals with sculptural questions and with transformations of volumes that open up forever new and surprising perspectives on the world. His instructions bring about temporary, movable, ephemeral, living sculptures. In the process observers become actors who get themselves into absurdly comical situations in which they make experiences which they usually would avoid at all costs. For who wants to make a fool of themselves!