Axel Jonssons Ausstellung „Butter in the Eyes“ zeigt sechs figurative Malereien in Öl auf Leinwand. Dabei sind zwei der Werke als ein Diptychon zu verstehen,  auf dem sich Sequenzen eines schwedischen Volksliedes aus dem Ende des 18. Jahrhunderts verdichten. In Första Torpet #1 (2020) rührt die Wirtin eines Gasthauses nördlich von Stockholm in einem Kochtopf, in den sie frische Krebse wirft. Über ihr hängen geräucherter Fisch und Knäckebrot, an den Füßen trägt sie hölzerne Clogs. Im Schankraum des Gasthauses in Första Torpet #2 (2020) sitzen die beiden Hauptfiguren des Liedes von Troubadour Carl Michael Bellmann, zwischen Krebsresten und Schnapsgläsern. Ulla Windblad, ein häufig auftretender Charakter in Bellmanns Schlagern, sitzt breitbeinig auf ihrem Stuhl und schlägt mit der Faust auf den Tisch, während ihr Kavalier mit der linken Hand sanft ihren Arm berührt und damit das Ende der Geschichte andeutet: betrunkener Geschlechtsverkehr im Gästezimmer des Wirtshauses. Die Schwalbe über den Köpfen des saufenden Paares ist ein Symbol für Glück.

Diese illustrative, mit vielfältigen Symbolen und Verweisen angereicherte Malweise durchzieht auch die anderen Werke der Ausstellung. Motorbreath (2019)basiert dabei weniger auf einer narrativen Vorlage, als auf der intensiven Stimmung einer Jugenderinnerung an einen faulen Nachmittag auf dem eigenen Bett, inklusive Musik, Masturbation und verschiedenen Snacks. Das nostalgische Moment der Arbeit kommt jedoch nicht ohne Ironie, vielleicht sogar Amüsement, gegenüber dem jugendlichen Klischee daher. So finden sich neben gutem Wein (Châteauneuf-du-Pape), Weichkäse, Baguette und einem Bildband der existentialistischen Malereien Arnold Böcklins auch eine Schüssel aufgeweichter Honey Pops, eine Rolle Klopapier (Wichstücher) und der Graphic Novel „Spent“ von Joe Matt, der von einem pornosüchtigen Typen handelt, der sich die meiste Zeit des Tages selbstbefriedigt.

An diese humorvolle Auseinandersetzung mit (der eigenen?) Jugendkultur knüpft auch die Arbeit An Evolution (2021) an. Im Mittelpunkt steht hier ein junger Mann mit archaischer blonder Haarpracht, der an einen Wikinger erinnert. Dabei trägt er jedoch ein Smartphone in einer Tasche um den Oberarm und gleichzeitig Patches von 90er Jahre Punkbands auf der abgewetzten Kleidung. Wohin bricht er auf? Die Zukunft dieser in seinen Extremen auf erschreckende Weise zeitgemäßen, um übertriebene Männlichkeit bemühten Person, ausgestattet mit moderner Technologie, altmodischen Kampfequipment und Merchandise linker Musikgruppen ist ungewiss.

Ein expliziter Verweis auf gesellschaftspolitische Gemengelagen findet sich in The Crazy Cod Day (2019). Zum einen wird hier auf die Überfischung von Dorsch bzw. Kabeljau in der Ostsee angespielt (der hier widersinnigerweise in rauen Mengen vorhanden ist), zum anderen auf die Brexit Verhandlungen, während derer eine gemeinsame Nutzung der Nordsee durch die britische und europäische Fischerei lange Zeit auf der Kippe stand. Die verworrene Situation spiegelt sich in den absurden Momenten des Bildes, in denen die Dorsche, die entfernt an Penisse erinnern, dem Fischer beinahe freiwillig ins Netz springen, während dieser lächelnd die bereits Gefangenen filtriert.

Der Titel der Ausstellung „Butter in the Eyes“ knüpft an die häufig ad absurdum geführten Narrative und Klischees in den Arbeiten an. Aber auch formalistische Komponenten wie die Perspektive und Komposition oder die Körperlichkeit der Figuren zeugen von einer Überspitzung der Gegebenheiten, die auf einer genauen Beobachtung der menschlichen Umgebung beruhen und diese humor- und liebevoll spiegeln.

Pia-Marie Remmers

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