Ohne Titel (The Unbegotten), 1996/2004, 500 x 560 x 330 cm,

Aluminiumguss aus 5 Teilen, ca.5 t

Courtesy Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Innsbruck

Die große bronzefarbene Figur heißt auch Die Ungeborenen (The Unbegotten) und war die titelgebundene Figur der MAK-Ausstellung von 1997. In dieser Figur erscheint das „Murphy“-Modul – Variation seines zentralen Themas (nach der Romanfigur von Samuel Beckett) seit 1968 – extrem abstrahiert, wobei sich die Rückenlehne in zwei sich zuspitzenden Lappen teilt. Außerdem verwendet Gironcoli Module, wie die in den 80er Jahren eingesetzten Babys, Hörner und Scheiben.

ausgestellt: 1997 MAK Wien (Modell), seit 2004 STRABAG House Wien (Guss 1/2), 2004-2010 Bruno Gironcoli Museum Herberstein, Steiermark(Guss 2/2), Louvre Tuilerien Paris FIAC 2010 (Guss 2/2).

Gironcoli war so etwas wie ein Eisberg der österreichischen Kunstszene; stets präsent, stets einflussreich – es überrascht immer wieder, wer alles von den auch international erfolgreicheren jüngeren Künstlern bei ihm studiert hat – trotzdem blieb der größte Teil seines Schaffens doch verborgen. Wolfgang Drechsler

Bruno Gironcoli *1936, verstorben am 19.02.2010. Er war von 1977 – 2004 Leiter der Meisterschule für Bildhauerei der Akademie der bildenden Künste in Wien und wohl einflussreichster Bildhauer. Unter seinen Studenten waren u.a. Franz West und Ugo Rondinone. Preise: 1989 Erste Allgemeine Generali-Foundation Skulpturen Preis, 1993 Großer österreichischer Staatspreis. Wichtige internationale Ausstellungen in den letzten Jahren: 2003 Biennale Venedig Österreichischer Pavillon Kurator Kaspar König, Biennale de Lyon Kuratorin Anne Pontégnie, 2007 Gerhard-Marcks-Haus Bremen, 2005 Akademie der bildenden Künste Wien, 2007/08 The Third Mind. Carte Blanche to Ugo Rondinone, Palais de Tokyo Paris, 2008 Mind Expanders MUMOK Vienna. Kommende Museumsausstellungen: MOMCA Genf, Maison Rouge Paris, Musée Rodin Paris.

Der Künstler fand zu einer unverwechselbaren Formensprache, die er von den frühen filigranen Drahtobjekten bis hin zu den gewaltigen Skulpturen der letzten zwei Jahrzehnte weiterentwickelte. Existenzielle Themenkomplexe wie das Verhältnis zwischen Mann und Frau, Sexualität, Gewalt und Unterjochung sind Bereiche, die er in seinen an »Apparaturen« gemahnenden Skulpturen reflektiert. Parallel dazu entstand ein breites grafisches Œuvre…

Die Idee des offenen Skulpturbegriffs, die Gironcoli über Jahre hinweg mit äußerster Stringenz künstlerisch erarbeitet und ausformuliert hatte, weicht nun einer extremen Verdichtung seiner Objekte. Er verfolgte den mit den Environments beschrittenen Weg nicht weiter, sondern bedient sich eines statischen Skulpturenprinzips. In den folgenden Jahrzehnten entstehen seine monumentalen, altarähnlichen Großplastiken. Nun arbeitet er mit der Hilfe von Assistenten gleichzeitig an mehreren Skulpturen, die alle über eine massive Holz-Eisen-Konstruktion als tragendes Gerüst verfügen. Als Material für die eigentliche bildhauerische Ausformung der Skulpturen verwendet Gironcoli wiederum Polyester, das er am Ende des Arbeitsprozesses mit den Farben Gold, Silber oder Bronze überzieht. Er entwickelt verschiedenste Module, die er für seine Plastiken in immer neuen Kombinationen zusammenstellt: Der so genannte „Murphy“, Babys, Engerlinge, Trauben, Weinblätter, Weizenähren, Löffel, Teller, Essgefäße, Kugeln, Spiralen, Voluten und nicht zuletzt phallische und vaginale Formen bilden den Kern seines skulpturalen Vokabulars.

Die durch Kombination dieses Vokabulars geschaffenen Großplastiken kreisen alle um die für Gironcoli zentralen Themenfelder der 80er Jahre: Fruchtbarkeit, Gebären, Vater-Mutter-Kind, Männliches-Weibliches-Androgynität; diese Themen werden schon durch die Titel der Skulpturen angekündigt.

Bettina M. Busse

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