Die Galerie Elisabeth & Klaus Thoman freut sich ihre zweite Ausstellung mit Norbert Schwontkowski bekannt geben zu dürfen. Es ist uns ein außerordentliches Vergnügen diesen Künstler zu präsentieren.

Norbert Schwontkowski ist ein Künstler der Betrachtungen. Seine Werke kreisen um die verschiedensten Konstellationen. Zwischen bewegt-Sein und dem Durchgangsstadium des Wartens ebenso wie zwischen Schrecken und Wunder. Sein vielschichtiges Werk bannt den Betrachter nicht durch die Komplexität seiner Motive, sondern durch die Einfachheit mit der der Künstler das vermeintliche Eindringen der Zivilisation in Räume von Abwesenheit thematisiert. Durch seine Technik der Abbildungen von scheinbar unbedeutenden Begebenheiten und Bildern, wandelt er mit zarter Balance zwischen den Schrecken des Verlassenen und der Ruhe des alleine-Seins.

Die formale Technik steht im starken Kontrast zu den vermeintlichen Botschaften an den Rezipienten. Sie müssen nicht empfangen werden, ja vielleicht gibt es gar keine, und dennoch kann in der Betrachtung eine Erkenntnis der Entgrenzung eintreten.

Ich sitze auf einem Fels am See und vor mir auf einem Fels im See sitzen vier junge Kormorane. Weder Stift noch Papier noch Fotoausrüstung habe ich bei mir, mir bleibt nichts anderes als all dies betrachtend in mich aufzunehmen, denn später will ich das malen, nicht als Bild kosmischer Einheit – eher wie etwas Zufälliges, das meinen Weg kreuzt. Also betrachte ich den Lauf der Wellen – wie kleine spitze Wellen auf den größeren sitzen. Die Felsen – wie kleine zackige Spitzen auf den größeren sitzen. Das Gefieder, Körperbau und Haltung der Vögel betrachte ich und ich werde vergessen, so wie die Farbe des Meeres, den Duft – all das werde ich vergessen. Aber ich werde mich erinnern. Diese verblassende Erinnerung ist Thema und Inhalt meiner Malerei.

An der See, Norbert Schwontkowski September 2003

Verblassende Erinnerung als Thema und Inhalt ist bei Norbert Schwontkowski nicht nur aus diesem Text erkennbar. In seinen Arbeiten vermittelt der Künstler auch die Melancholie welche sich beim Erinnern einstellt. Eine Melancholie die nicht aus dem Verdruss kommt, dass etwas Vergangenheit wurde, sondern aus der Erkenntnis, dass Erinnerung immer nur ein Bild sein kann, das der Ursprünglichkeit der Erfahrung immer nachstehen muss. So wird Erinnerung zu einer eigenen Erfahrung im Bewusstsein des Betrachters. Norbert Schwontkowskis vielleicht niemals erlebte Erinnerung wird zur Erfahrung des Rezipienten. Dies adelt Schwontkowskis Schaffen zu einer besonderen Form von Werk. Es ist nicht nur ein künstlerisches Schaffen, sondern sein Werk ist in seiner Gesamtheit ein Kunst-Werk.

Norbert Schwontkowski wurde 1949 in Bremen als Sohn eines polnischstämmigen Arbeiters und einer deutschen Mutter geboren. Nach dem Besuch eines Katholischen Internats in Nordrhein-Westfalen wollte er kurzzeitig eine Priesterlaufbahn einschlagen, wandte sich aber mit Einsetzen der Pubertät von diesem Vorhaben ab. Nach einer Lehre zum Schaufensterdekorateur studierte er von 1968 bis 1973 Kunst an der Hochschule für Gestaltung in Bremen und ab 1973 auch Kunstgeschichte. Es folgten ausgedehnte Reisen in die Vereinigten Staaten, Asien und Lateinamerika, sowie Arbeitsaufenthalte in Wien, Indien und Berlin. Im Gegensatz zum damaligen Zeitgeist entschied sich Norbert Schwontkowski dazu als Künstler allein zu Arbeiten und sich keiner Gruppe anzuschließen. Seit 2005 lehrt Norbert Schwontkowski an der Hochschule für Bildende Kunst Hamburg.

Seit den 1970er Jahren wird Norbert Schwontkowski von wichtigen Galerien und Institutionen ausgestellt. Wichtige Ausstellungen und Beteiligungen seit 1989: 1989 Das Nahe und das Ferne Künstlerhaus Bethanien Berlin, 1990 Coup de Foudre Haus am Wasser Hamburg, 1993 Kunstverein Bremerhaven, 1994 Cairo Biennale Kairo, 1995 Kunstverein Bochum, 1998 Kunstverein Esslingen, 2000 Stedelijk Museum Het Domein Sittard/Niederlande, 2001 Wie die Herde zusammenhalten – wie den Tieren die Wolle nehmen Brecht-Haus Weißensee Berlin.

 
_____

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman is proud to announce its second exhibition with Norbert Schwontkowski. It is an extraordinary pleasure for us to present this artist on the occasion of the anniversary of the opening of our Vienna gallery.

Norbert Schwontkowski is an artist of close observation. His works revolve around the most various constellations. They oscillate between being moved and the transitory state of waiting, yet also between terror and wonder. His multifaceted oeuvre does not captivate the observer thanks to the complexity of its subjects, though, but thanks to the simplicity with which the artist captures the putative intrusion of civilisation into spaces of absence. Depicting seemingly trifling events and images, he moves with an uncanny sense of balance between the terror of the deserted and the calm of being alone.

The formal technique, all the while, stands in stark contrast to the assumed messages for the recipient. These do not have to be registered, perhaps there are no messages in the first place, and still the observation might entail the realisation of a dissolution of boundaries. 

I am sitting on a rock beside the sea and in front of me, on a rock in the water, four young cormorants are perching. Neither pen nor paper nor a camera I have on me. I have no other choice but to watch and take all this in, for later I want to paint it – not as a picture of cosmic unity, rather like something arbitrary crossing my path. So I am watching the movement of the waves, how small sharp waves are sitting on the larger ones. The rocks, how small jagged spikes are sitting on the larger ones. The plumage, anatomy and posture of the birds I am watching, and I will forget them, just like the colour of the sea, the smell – all that I will forget. But I will remember. This fading memory is the subject and the content of my paintings.

“Beside the Sea,” Norbert Schwontkowski, September 2003

It is not just in this text that Norbert Schwontkowski deals with fading memory as subject and content. In his works, the artist also evokes the melancholy that is rooted in remembering. A melancholy which does not arise from the annoyance that something is in the past, but from the realisation that memory can only ever be an image that will never match the originality of the experience itself. And so memory becomes a separate experience in the observer’s consciousness. And Schwontkowski’s memory, of an event perhaps never experienced in real life, becomes the recipient’s experience. Which turns the artist’s work into something very special. It is not only artistic creation, his oeuvre as a whole is a work of art.

Norbert Schwontkowski was born in Bremen, in 1949, as the son of a labourer of Polish extraction and a German mother. After attending a Catholic boarding school in North Rhine-Westfalia, for a short period he envisaged becoming a priest, but turned from this endeavour when he entered puberty. After an apprenticeship as a window dresser, he studied art at the University of the Arts in Bremen from 1968 to 1973, and from 1973 also art history. After that he travelled extensively in the United States, Asia and Latin America, and worked for longer periods in Vienna, India and Berlin. In opposition to the zeitgeist, Schwontkowski decided to work alone as an artist and not to join any groups. Since 2005, he has been teaching at the University of Fine Arts in Hamburg.

Since the seventies, Norbert Schwontkowski’s works have been shown at a number of important galleries and art institutions. Selected solo exhibitions and contributions to group shows since 1989: 1989 Das Nahe und das Ferne, Künstlerhaus Bethanien, Berlin; 1990 Coup de Foudre, Haus am Wasser, Hamburg; 1993 Kunstverein Bremerhaven; 1994 Cairo Biennale; 1995 Kunstverein Bochum; 1998 Kunstverein Esslingen; 2000 Stedelijk Museum Het Domein Sittard, Netherlands; 2001 Wie die Herde zusammenhalten – wie den Tieren die Wolle nehmen, Brecht-Haus Weißensee, Berlin.

Enquiry